1. Februar 2022

Unbeachtlichkeit von Bedeutungsunterschieden bei Markenkollisionen – BPatG 29 W (pat) 13/20

Auch der “Babo” kann nicht immer gewinnen. Und so entschied das BPatG mit Beschluss vom 22.11.2021, dass die deutsche Wortmarke “Babo” wegen Verwechslungsgefahr mit der älteren Wortmarke “Bobo” teilweise gelöscht wird.

2014 hatte das Deutsche Patent- und Markenamt die Wortmarke “Babo” u. a. “Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen” eingetragen. Die Inhaberin der älteren Wortmarke “Bobo”, registriert für “Kinder- und Babybekleidungsstücke, insbesondere Strumpfwaren, Mützen, Schals und Schuhe”, sah sich hierdurch in ihren Rechte verletzt und legte Widerspruch ein.

Im Rahmen des Widerspruchs- und Beschwerdeverfahrens verteidigte sich die angegriffene Markeninhaberin damit, dass die angesprochenen Verkehrskreise “Bobo” der bekannten Figur “Bobo Siebenschläfer” zuordnen würden. Demgegenüber werde der “Babo” – zumal auch Jugendwort des Jahres 2013 – von einem erheblichen Teil des Verkehrs als “Boss” oder “Anführer” verstanden. Diese Bedeutungsunterschiede würden dazu führen, dass die gegebene klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeit zwischen “Babo” und “Bobo” neutralisiert werde, weshalb eine Verwechslungsgefahr ausscheide.

Die Richterinnen des BPatG sahen dies nun anders.

Zunächst stehe bei der Widerspruchsmarke “Bobo” zweifellos die Bedeutung als Vorname im Vordergrund. Die Auffassung, dass die Marke “Bobo” unmittelbar mit der Kinderbuchfigur „Bobo Siebenschläfer“ assoziiert werde, sei falsch. Hierfür gebe es keine ausreichenden Anhaltspunkte.

Auf der anderen Seite werde “Babo” ebenfalls als Vorname verwendet. Außerdem sei die umgangssprachliche Bedeutung von Babo nicht in einem Maße gängig, dass sie sich ohne Weiteres aufdränge. Denn viele der zur Wahl zum Jugendwort des Jahres stehenden Wörter sind, wie es sich für Jugendsprache ja auch gehört, der breiten Öffentlichkeit oft kein Begriff. Viele Jugendwörter mögen zudem kurzzeitig etwas bekannter sein, verschwinden häufig aber auch wieder aus dem Sprachgebrauch (der Jugendlichen).

In diesem Zusammenhang ist die Feststellung des Gerichts interessant, dass die etwaigen begrifflichen Unterschiede zwischen “Bobo” und “Babo” aufgrund ihrer klanglichen Ähnlichkeit überlesen bzw. überhört werden können und damit nicht zum tragen kommen.

“Zum anderen bieten begriffliche Abweichungen keine Unterscheidungshilfe, wenn die angesprochenen Verkehrskreise sich – wie hier – angesichts der fast vollständig übereinstimmenden Umrisscharakteristik bzw. angesichts der großen Übereinstimmungen im Klangbild der beiden Markenwörter ohne weiteres verlesen oder verhören können, so dass ihnen begriffliche Unterschiede bzw. ein begrifflicher Anklang einer Marke überhaupt nicht zum Bewusstsein kommen (vgl. hierzu Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 308ff und 316).” (BPatG München, Beschluss vom 22. November 2021 – 29 W (pat) 13/20 –, Rn. 79, juris)

Merke:

  1. Das eigene Verständnis einer Marke sollte vor der Markenanmeldung stets kritisch hinterfragt werden. Verstehen die mit der Marke angesprochenen Verkehrskreise die Marke tatsächlich so wie der Markenanmelder? Ist man selbst möglicherweise voreingenommen?
  2. Selbst bestehende Bedeutungsunterschiede können dann nicht zum Tragen kommen, wenn die Ähnlichkeiten zwischen den Marken so groß sind, dass die Unterschiede überlesen bzw. überhört werden können.

(Beitrag von Dr.Stefan Ellenberg)