Das Oberlandesgericht Hamburg (Urteil v. 02.03.2018 – Az.: 3 U 167/15) hat die Nutzung der Bezeichnung „tagesumschau“ für ein Nachrichtenportal im Internet untersagt und damit eine erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Hamburg (Urteil v. 26.08.2015 – Az. 408 HKO 143/14) weitgehend bestätigt.
Dem Gericht zufolge stehen dem NDR Unterlassungsansprüche wegen Verwechslungsgefahr gemäß § 15 Abs. 2, 4 MarkenG zu. Die Bezeichnung „Tagesschau“ sei ein originär ausreichend unterscheidungskräftiger Werktitel für eine Nachrichtensendung. Dem stehe ein allgemeines Freihaltebedürfnis auch nicht entgegen, da es sich bei der „Tagesschau“ zudem um eine im Verkehr durchgesetzte Bezeichnung handele. Auch hätten die Klägerin bzw. die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten mit dem an die Allgemeinheit gerichteten Angebot der „Tagesschau“ nicht hoheitlich gehandelt, weshalb eine Benutzung des Titels im geschäftlichen Verkehr vorliege. Die Beklagten hätten die Bezeichnung „tagesumschau“ auch titelmäßig verwendet. Eine solche liege bei Domainnamen vor, wenn der Name aus Sicht des Verkehrs nicht nur als Adressbezeichnung sondern als Zeichen zur Unterscheidung eines Werkes von einem anderen genutzt werde, was vorliegend der Fall sei. Ferner bejahte das Gericht auch eine Verwechslungsgefahr zwischen den gegenüberstehenden Titeln. Das Gericht maß hierbei – wenig überraschend – dem Werktitel „Tagesschau“ eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft infolge seiner überragenden Bekanntheit zu. Auch seien sich die Werkkategorien „Nachrichtensendung“ und „Internetportal“ ähnlich, was ebenso für die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen „Tagesschau“ und „tagesumschau“ gälte. Zwar äußerte das Gericht Zweifel daran, ob eine unmittelbare Verwechslungsfahr vorliege. Der Verkehr sei bei stark beschreibenden Titeln – wie bei den Titeln von Nachrichtenangeboten – daran gewöhnt, die bestehenden Unterschiede zu beachten; allerdings liege eine mittelbare Verwechslungsgefahr vor, da es sich bei der „Tagesschau“ um einen bekannten Titel handele. Aufgrund der starken Ähnlichkeit zwischen den Bezeichnungen bliebe es auch nicht dabei, dass der Verkehr lediglich eine gedankliche Verbindung zwischen „Tagesschau“ und „tagesumschau“ im Sinne einer bloßen Assoziation herstelle. Vielmehr gehe das Publikum aufgrund der vorhandenen Übereinstimmungen von einer organisatorischen bzw. wirtschaftlichen Identität oder einer entsprechenden Verbindung zwischen den Herstellern der beiden Werke aus. Markenrechtliche Ansprüche nach § 14 MarkenG verneinte das Gericht hingegen. Hierzu fehle es an einer markenmäßigen Verwendung der angegriffenen Bezeichnung. Diese setze bei einem Werktitel voraus, dass es sich um ein periodisch erscheinendes Werk und zudem um einen bekannten Titel handele. Das Erfordernis der Bekanntheit bestehe dabei nicht nur in Bezug auf den Titel, auf den sich der Angreifer stützt, sondern auch in Bezug auf den angegriffenen Werktitel. Die Frage, ob ein verwendeter Werktitel vom angesprochenen Verkehr nur zur Unterscheidung des einen Werks von einem anderen, oder darüber hinaus auch als Herkunftshinweis verstanden werde, stelle sich nämlich für beide Konstellationen in gleicher Weise.
(Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Stefan Ellenberg)