7. November 2018

DS-GVO Verstöße können von Mitbewerbern verfolgt werden

In einem noch unveröffentlichten Urteil hat das Hanseatische Oberlandesgericht (Urt. v. 25.10.2018 – Az.: 3 U 66/17) entschieden, dass DS-GVO Verstöße auch von Mitbewerbern verfolgt werden können. Zu dieser in der juristischen Literatur kontrovers diskutierten Frage hatten sich kürzlich schon das LG Bochum und das Landgericht Würzburg geäußert. Das Landgericht Würzburg (Beschl. v. 13.09.2018 – Az.: 11 O 1741/18 UWG) hatte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche wegen der Nichteinhaltung der DSGVO, allerdings ohne dies in wirklich nennenswerter Weise zu begründen, bejaht. Das Landgericht Bochum (Urt. v. 07.08.2018 – Az.: I-12 O 85/18) war dem mit dem Argument entgegengetreten, dass die DS-GVO in den Artikeln 77 bis 84 eine die Ansprüche von Mitbewerbern ausschließende, abschließende Regelung enthält. Eben dies sahen nun die Richter in Hamburg anders:

„Die Klägerin ist aber auch unter der Geltung der DS-GVO klagebefugt. Der Senat ist entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung nicht der Ansicht, dass die DS-GVO ein abgeschlossenes Sanktionssystem enthält, das die Verfolgung datenschutzrechtlicher Verletzungshandlungen auf lauterkeitsrechtlicher Grundlage durch Mitbewerber ausschlösse.“

sowie

„Gerade im Kontext der Vorschrift des Art. 77 DS-GVO, die für jede betroffene Person auch anderweitige – also nicht in der DS-GVO selbst geregelte – gerichtliche Rechtsbehelfe offen lässt, sowie der Vorschrift des Art. 82 Abs. 1 DS-GVO, die nicht nur der betroffenen Person, sondern jeder Person ein Recht auf Schadensersatz einräumt, wird deutlich, dass die DS-GVO wegen anderweitiger, in der Verordnung selbst nicht geregelter Rechtsbehelfe und Sanktionen offen gestaltet ist.“

Obgleich das OLG Hamburg der Klägerin damit insoweit Recht gab, wies es die Klage trotzdem ab. Grund hierfür ist, dass es sich bei der konkret verletzten Norm des § 28 Abs. 7 a.F. BDSG nicht um eine sog. Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3 a UWG handelt. Dies bedeutet wiederum, dass nicht zwangsläufig jeder Verstoß gegen eine Vorschrift der DS-GVO von einem Mitbewerber verfolgt werden kann. Vielmehr muss die verletzte Norm – zumindest auch – die Freiheit der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers schützen. Ob dies der Fall ist, müsse nach Ansicht des OLG Hamburg im Einzelfall geprüft werden.

Fazit

Mit dem OLG Hamburg hat sich nun eines der großen Wettbewerbsgerichte gegen die wohl noch vorherrschende Meinung in der Literatur gestellt und hält Unterlassungsansprüche von Mitbewerbern auf Grundlage einer Verletzung der DS-GVO für prinzipiell möglich. Das lässt aufhorchen. Allerdings sollte die Entscheidung nicht überbewertet werden. Abschließend wird über diese Frage der Bundesgerichtshof bzw. der Europäische Gerichtshof entscheiden, jedenfalls sofern der Gesetzgeber hier nicht schon vorher aktiv wird und die DS-GVO aus dem Anwendungsbereich des UWG herausnimmt. Eine entsprechende Gesetzesinitiative von Seiten Bayerns gibt es bereits. Es kommt hinzu, dass das OLG Hamburg deutlich gemacht hat, dass nicht jede Norm der DS-GVO zugleich eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG ist. Vielmehr muss das im Einzelfall erst geprüft und bejaht werden. Das Urteil ist damit keine Steilvorlage für all jene, die den Mitbewerber (des Mandanten) wegen eines Lapsus in dessen Datenschutzerklärung schon im Visier haben.

Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Stefan Ellenberg