11. April 2018

BVerfG stärkt Rechte von Privatpersonen gegen ungewollte Veröffentlichung von Straßenfotografien (1 BvR 2112/15)

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 08. Februar 2018 (1 BvR 2112/15) die Rechte von Privatpersonen gegen die ungewollte Veröffentlichungen von Fotos im Bereich der Straßenfotografie gestärkt.

Ein Fotograf hatte in einer Straßenszene die Klägerin abgelichtet. Auf dem Foto scheint sie bewusst in die Kamera zu blicken und ihr Gesicht ist gut erkennbar. Die übrigen abgebildeten Personen sind wesentlich kleiner und unschärfer zu sehen. Die Fotografie wurde im Rahmen einer öffentlichen Ausstellung auf einer Ausstellungstafel mit den Maßen 120 x 140 cm ausgestellt. Der Fotograf hatte von der Klägerin weder die Einwilligung in die Fertigung der Aufnahme noch in deren Ausstellung eingeholt.

In den Vorinstanzen hatte die Klägerin dahingehend Recht bekommen, dass sie die Veröffentlichung der Fotografie untersagen dürfte. Der Fotograf wandte sich daraufhin an das BVerfG, weil er hierin eine Verletzung seiner Kunstfreiheit aus Art. 5 GG gesehen hat.

Privater Vorgang in der Öffentlichkeit

Das BVerfG hat sich im Ergebnis den Vorinstanzen angeschlossen. Die Klägerin sei zwar in der Öffentlichkeit, aber bei einem rein privaten Vorgang fotografiert worden, der in ihre Privatsphäre falle. Ihr Bildnis sei über Wochen überlebensgroß an einer vielbefahrenen Straße der Öffentlichkeit präsentiert und sie so aus ihrer Anonymität gerissen worden.

Bei ihren Urteilen hätten auch die Vorinstanzen – insbesondere das Kammergericht Berlin – die Bedeutung und Tragweite der Kunstfreiheit ausreichend in das Ergebnis ihrer Abwägung einbezogen und seien dabei auch den Eigengesetzlichkeiten der Straßenfotografie gerecht geworden. Indem es die Schwere der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin aus der Art der Präsentation des Bildes als großformatigem Blickfang an einer öffentlichen Straße herleitete, habe das Kammergericht nicht verkannt, dass es mit der Kunstfreiheit nicht vereinbar wäre, den Wirkbereich von Straßenfotografie von vornherein auf Galerien, Museen oder ähnliche räumlich begrenzte Ausstellungsorte zu begrenzen, sondern hat die besondere Persönlichkeitsverletzung der Klägerin durch die hervorgehobene Präsentation auf einer großformatigen Stelltafel an einer der verkehrsreichsten Straßen einer Millionenstadt zum zentralen Punkt seiner Abwägung gemacht. Damit habe das Kammergericht die ungestellte Abbildung von Personen ohne vorherige Einwilligung, welche strukturtypisch für die Straßenfotografie ist, nicht generell unmöglich gemacht.